Zum Jahreswechsel – es ist bei uns so Sitte – haben viele Menschen fürs neue Jahr gute Vorsätze gefasst. Dieser lobenswerte Habitus hat allerdings einen Haken. Ihr habt es erraten: Viele der guten Absichten werden nur teilweise oder überhaupt nicht umgesetzt.
Wie kommt es, dass Absichtserklärungen
– Vereinbarungen, die ich mit mir treffe – unerfüllt bleiben?
Betrachten wir dieses Vertragswerk im folgenden Kontext: „Wir können nur geben, was wir selbst haben, und wir dürfen nur erwarten und nehmen, was wir auch tatsächlich brauchen.“ In diesem Kontext sind wir gleichzeitig Helfer und Hilfeempfänger und bei Bedarf in einer dritten Rolle und zwar in der des Vermittlers bzw. der Vermittlerin. Ich will das anhand eines konkreten Beispiels darstellen:
Der Vor-Satz, also die Absichtserklärung zur darauffolgenden Handlung, ist: „Ich werde meinen Schreibtisch immer aufräumen bevor ich mein Büro verlasse.“ In des Hilfeempfängers Ohren dröhnt es schon: „Ich verschwende so viel Zeit mit Suchen, ich brauche mehr Ordnung, damit ich effizienter arbeiten kann.“ Die Anweisung des Helfers / der Helferin lautet: „Wenn Du jeden Abend vor Verlassen des Büros deinen Schreibtisch aufräumst, wirst Du am nächsten Tag nicht so viel Zeit zum Suchen vergeuden. Dann kannst du deinen Arbeitstag effizienter gestalten, deiner Kreativität mehr Raum geben, die du zur Erfüllung deiner Aufgaben unbedingt brauchst.“
Da meldet sich gleich die Vermittlerin:
“Für dein kreatives Schaffen brauchst du immer wieder Stimuli, Anregungen, die du zum Teil aus der Unordnung auf deinem Schreibtisch gewinnst.”
Da liegt eine Visitenkarte von einer Person, die du vor ein paar Tagen bei einer Veranstaltung kennengelernt hast. Die Karte erinnert dich an das gute Gespräch und Geschäftsinteressen, die sich möglicherweise entwickeln lassen. Du wirst dich über den Kontakt erst einmal über dessen Homepage informieren und dir ein Bild machen, welche gemeinsamen Geschäftsinteressen sich hier auftun könnten. Die seit Tagen auf deinem Schreibtisch liegende Email gibt dir plötzlich die zündende Idee, die dich zur Lösung eines Problems führt, das dir schon seit Wochen im Magen liegt. Ein Buch, das deinen Schreibtisch seit geraumer Zeit bevölkert, erinnert dich daran, dass du doch den Abschnitt über das Thema XY lesen wolltest, weil du ….. usw.
Die Vermittlerin in dir sagt: „Überlege dir gut, was du durch mehr Ordnung auf deinem Schreibtisch gewinnst und was du aufgibst dafür. Du kannst dir nicht mehr geben als du hast. Die hier geforderte Form einer Ordnung ist nicht deine Stärke. Wenn du versuchst sie dir zu geben, verausgabst du dich.”
Somit stellt sich auch die Frage für den Hilfeempfänger, wie viel von dieser Ordnung sie/er wirklich braucht.
Wir sollten uns auch gut überlegen, was wir uns für dieses neue Jahr und Jahrzehnt vornehmen und dabei mit gutem Augenmaß die Vorsatz-Latte nicht zu hochlegen.